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Wer heute Sara Nurus Namen in den gängigen Suchmaschinen eingibt, bekommt als ersten Zusatz „Kaffee“ vorgeschlagen. Wie es dazu kam? 2009 stand Sara Nuru plötzlich im Scheinwerferlicht, fand sich auf den Titelseiten von Mode- und Boulevard-Magazinen, auf dem Laufsteg für Roberto Cavalli und in Werbekampagnen für Kosmetik und Sport- schuhe. Irgendwann zu dieser Zeit erinnerte sie sich an die Kaffee- zeremonie ihrer Mutter, die sie aus Äthiopien mit nach Deutschland gebracht hatte und bei der die ganze Nachbarschaft zusammenkam. Sara Nuru wollte mehr wissen. Auf der Suche nach ihren Wurzeln war sie als Botschafterin für „Menschen für Menschen“ immer wieder nach Äthio- pien gereist. Und tat es nun wieder. Durch die Gespräche mit vielen star- ken Frauen dort fand sie den Mut, ihren Traum zu verwirklichen– und gründete gemeinsam mit ihrer Schwester Sali ein eigenes Unternehmen: nuruCoffee. Das Unternehmen importiert Bio-Kaffee aus Äthiopien und orientiert sich als Social Business dabei strikt an den 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung, auch bekannt als den Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen (UN). So produziert nuruCoffee nicht nur Bio-Kaffee unter fairen Bedingungen, sondern unterstützt auch zusammen mit dem Verein nuruWomen e.V. die Menschen, die in der Wertschöpfungskette am häufigsten benachteiligt werden: Frauen. Ihnen bietet das Unternehmen mit Mikrokrediten eine Perspektive und die Chance, ein selbstbestimmtes, unabhängiges Leben zu führen – und sich vielleicht den einen oder anderen Traum zu erfüllen. Diese Haltung zeigt sich schon bei seiner Auswahl der Ausstellungsorte. Nach einer ersten Galerie für zeitgenössische Kunst, die er 2002 in Berlin eröffnete, folgte 2006 der Umzug in eine ehemalige Industriehalle und 2015 schließlich der aktuelle Standort, die ehemalige Kirche St. Agnes in Berlin-Kreuzberg. Der moderne Sakralbau eröffnet nach einer preis- gekrönten Umgestaltung faszinierende Räume für international etablierte und ebenso für junge zeitgenössische Künstler. Dass König dabei interdis- ziplinär unterwegs ist, also Medien wie Skulptur, Video, Sound, Malerei, Fotografie und Performance verbindet, und auch als einer der ersten auf NFT setzt, versteht sich beinahe von selbst. Das trug ihm auch schon ein- mal den gefälligen Titel „Popstar unter den Galeristen“ ein. Ob er ihm auch gefällt? Das alles macht ihn zu einer Ausnahmeerscheinung, nicht nur im deutschen Kunstbetrieb: Er trennt Kenner – oder zumindest jene, die sich dafür halten – von den Neugierigen, er lässt die Nörgler einfach weiter- nörgeln, er zieht neues Publikum an, er sagt genau, was für ihn geht – und was nicht. Mit anderen Worten: Er ist ein ambitionierter Träumer, der laut und für alle sichtbar träumt. WENN TRÄUME GRENZEN SPRENGEN. 2015 war ein prägendes Jahr. „Wir schaffen das!“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel im Fernsehen – und Serkan Eren saß davor und nickte. Eren, damals 31, war kurz zuvor beinahe nach Slowenien gefahren – mitten in der Nacht, ganz spontan, mit einemAuto voller Kleidung und Decken, nachdem er Bilder von dort hungernden und frierenden Kindern gesehen hatte. Anstatt einfach überstürzt loszufahren, hörte er auf den Rat eines Freundes, das Ganze professioneller anzugehen. Größer. Ambitionierter. Verrückter. Wie es sich eben für einen Traum gehört. Sara Nuru (32) Model, Co-Gründerin nuruCoffee, nuruWomen e. V. Serkan Eren (37) Gründer STELP e. V. Johann König (40) Galerist NewYork, Paris, Mailand, Addis Abeba. Wer seinen Träumen folgt, sieht mitunter viel von derWelt. Als Sara Nuru 2009 die Castingshow „Germany’s Next Top Model“ gewann, dachten viele, ihrWeg sei mehr oder weniger vorgezeichnet. Doch es kam anders. Manche Träume fangen mit einemAlptraum an. Etwa wenn ein Kind sich lebensgefährlich verletzt. Johann König, heute einer der erfolgreichsten Galeristen in Deutschland, war nach einem Unfall zeitweise fast blind. Vielleicht ist das einer der Gründe dafür, weshalb er Kunst auf ganz eigene Art begreift, vermittelt und dabei dem Erwartbaren stets die Stirn bietet. WENN TRÄUME IHREN EIGENENWEG GEHEN. Wenige Wochen später fuhr Eren mit einem Freund und einem Transporter voller Hilfsgüter Richtung Balkan. Im griechischen Idomeni traf sie der Höhepunkt der Flüchtlingskrise damals trotzdem völlig unvorbereitet. Chaos, Hunger, Krankheit: alles mitten in Europa, in einem Teil der EU, in dem andere – auch Freunde, Familie, Bekannte – Urlaub machten. Eren half, wo er konnte, und merkte schnell: Es reichte nicht. Er wollte mehr tun. Ein halbes Jahr später kündigte er seinen Job als Sportlehrer an einer Stuttgarter Privatschule und gründete mit einigen Unterstützern STELP e.V. – kurz für „Stuttgart helps“. Erens leidenschaftliches Engagement zeigte schnell Wirkung; sein Talent, Menschen für sich zu gewinnen, sie von seinem Traum zu überzeugen, ließ die junge Hilfsorganisation rasch wachsen. Eren nutzte die Medien, verhandelte in Türrahmen und in Fußballstadien, überzeugte auf Parkplätzen und roten Teppichen und sicherte sich so auch prominente Unterstützung von Sportlern, Musikern, Modedesignern. Eren ist Überzeugungstäter – im doppelten Sinne. Sein Traum, möglichst vielen Menschen zu helfen, treibt ihn immer weiter. Aktuell unterstützt STELP Projekte auf 4 Kontinenten, hilft unter anderem, Schulkinder im Jemen zu versorgen, ein Kinderheim in Nepal zu betreuen und bedürftige Menschen in Gaza ärztlich zu versorgen. SOLLTE DER TRAUM EINES EINZELNEN MÖGLICHST VIELEN HELFEN? 10 TRÄUMER TRÄUMER 11
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